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Verschlucken – oder auch "Fremdkörperaspiration"

Jan 04, 2023
Baby Weintrauben Verschlucken

Verschlucken, das kennt jeder aus eigener Erfahrung und aus Film und Fernsehen! In der medizinischen Fachsprache nennt man das Fremdkörperaspiration. Ein Fremdkörper rutscht dabei in die Luftröhre und kleinere Gegenstände sogar tiefer bis in die Lungenäste. 

Wie häufig tritt Verschlucken auf? 

Gefühlt betrifft das vor allem Personen mittleren Alters, die bei plötzlich einsetzender Luftnot durch das sogenannte Heimlich-Manöver gerettet werden. Das ist aber gar nicht der häufigste Fall, denn Fremdkörperaspirationen treten insbesondere bei Kindern zwischen einem Alter von 6 Monaten und 5 Jahren auf. Denn so ab einem Alter von 5 bis 6 Monaten stecken Kinder alles in den Mund. Das machen sie, da der Tastsinn über den Mund in diesem Alter viel besser entwickelt ist, als der Sehsinn. Kinder ertasten sich also mit dem Mund ihre Umgebung. Dabei kann dann schnell etwas in die Luftröhre gelangen und die typischen Hustenanfälle auslösen. Der Häufigkeitsgipfel mit ca. 50% aller Fremdkörperaspirationen liegt übrigens im  2. und 3. Lebensjahr!

Was sind typische Fremdkörper?

Typische Fremdkörper die aspiriert werden, sind zum Beispiel Nahrungsmittel, wie Nüsse, Weintrauben, Popkorn, Karottenstücke oder auch kleinere Spielzeugteile wie Perlen, Murmeln, kleinere Holz- oder Plastik-Bauklötze. Besonders gefährlich sind natürlich auch spitze Gegenstände wie Nadeln, Schrauben und Nägel, da diese Verletzungen hervorrufen können und Teile von Folien oder Luftballons, weil diese sehr schwer abgehustet werden können.

Prophylaxe – was kannst du vorbeugend tun?

 Deshalb ist es besonders wichtig, die Fremdkörperaspiration von vornherein zu vermeiden. Für Babys und Kleinkindern ungeeignete Lebensmittel und andere Kleinteile solltet ihr unzugänglich lagern und euer Kind nur mit Spielzeug spielen lassen, dass für das entsprechende Alter freigegeben ist. Auch solltet ihr  unbedingt beim Kind bleiben, wenn es etwas isst. 

Husten und Luftnot

Da sich wahrscheinlich jeder von euch schon mal verschluckt hat, wisst ihr, dass das Hauptsymptom eine plötzlich einsetzende Luftnot mit Husten ist. Grundsätzlich gilt: Je größer der Fremdkörper, desto akuter sind die Symptome der Luftnot, da durch große Fremdkörper größere Teile die Lunge nicht mehr an der Atmung teilnehmen. 

Was könnt ihr als Eltern tun?

Die akute Luftnot stellt für Kinder und Eltern oft ein sehr belastendes Ereignis dar und die aufkommende Panik kann die kritische Situation noch weiter verschlechtern. 

Deshalb gilt es, die Ursache schnell zu erkennen und unmittelbar zu handeln.

Alle im Folgenden besprochenen Maßnahmen solltet ihr dringend praktisch geübt haben, bevor die erste Fremdkörperaspiration bei eurem Kind eintritt. Aus unserer Erfahrung als Notärzte wissen wir, dass sich die meisten Rettungsdiensteinsätze bei Aspirationen durch geschultes und beherztes Eingreifen verhindern ließen. Oft kommen wir auch zu spät, da ein Sauerstoffmangel schon nach wenigen Minuten zu irreparablen Schäden führen kann. Annalena hat sogar letztens ein Nachbarskind ganz unvermittelt auf dem Spielplatz vor dem Ersticken gerettet. Am Besten übt ihr ausgiebig mit Hilfe unseres 12minutes Online Kurses und der Notfallübungspuppe! Dort trainieren wir die Manöver ausführlich mit euch und ihr bekommt auch noch mehr vertiefende Informationen. 

Das Vorgehen unterscheidet sich je nachdem, wie schwerwiegend die Fremdkörperaspiration ist. Wenn euer Kind nur etwas hustet und dazwischen normal atmet, schreit, weint oder mit euch spricht, ist wahrscheinlich erstmal keine akute Gefahr. Man spricht dann von “Effektivem Husten”. Schaut einfach kurz in den Mund und versucht sichtbare Fremdkörper zu entfernen. Aber ihr solltet keinesfalls nach Fremdkörpern im Rachen tasten, die ihr nicht seht. Wenn der Hustenstoß effektiv ist, solltet ihr abwarten bis der Fremdkörper selbstständig abgehustet wird. Nichts ist so effektiv wie das eigene Husten, um den Fremdkörper zu entfernen. Schläge auf den Rücken, lenken jetzt eher ab. Deshalb ermuntert euer Kind weiter zu husten und überwacht es kontinuierlich.

Akute Lebensgefahr - Ineffektiver Husten

Wenn das Husten des Kindes ineffektiv wird, ist Gefahr im Verzug. Dies erkennt ihr daran, dass das Bewusstsein abnimmt, das Husten leiser wird, das Kind nicht mehr richtig Luft holt um zu husten oder zu sprechen oder ihr eine Blauverfärbung der Haut bemerkt. Dann müsst ihr unbedingt sofort den Rettungsdienst alarmieren und schnell handeln: Solange das Kind bei Bewusstsein ist, legt ihr es am besten in Kopf-Tieflage mit dem Bauch auf euren Unterarm oder Schoß und stabilisiert den Kopf mit der Hand. Dann schlagt ihr dosiert aber kräftig mit der  anderen flachen Hand auf den Rücken zwischen die Schulterblätter. Das solltet ihr maximal 5 mal wiederholen, aber das Ziel ist, den Fremdkörper mit einem einzelnen Stoß zu beseitigen, statt viele davon zu benötigen. Falls die Schläge auf den Rücken den Fremdkörper nicht beseitigen, müsst ihr bei Kindern unter einem Jahr bis zu fünf  Thoraxkompressionen in Kopf-Tieflage durchführen. 

Heimlich Manöver

Bei Kindern über einem Jahr solltet ihr nach den fünf Schlägen auf den Rücken bis zu fünf mal das Heimlich Manöver durchführen. Beim Heimlich Manöver wird durch mehrere ruckartige Oberbauchkompressionen der Druck in der Lunge stark erhöht, um den Fremdkörper so auszustoßen. Das muss man unbedingt praktisch geübt haben! Die Fünf Schläge auf den Rücken und das Heimlich Manöver, bzw. die Thoraxkompressionen bei Kindern unter einem Jahr werden immer im Wechsel wiederholt bis bis effektiver Husten eintritt oder der Fremdkörper entfernt ist.

Worst-case-scenario – Wiederbelebung

Und wenn der Sauerstoffmangel irgendwann zu ausgeprägt ist, kann es zu Bewusstseinsverlust und einem Herz-Kreislaufstillstand kommen. Sobald das Kind bewusstlos ist und nicht mehr atmet, müsst ihr mit der Reanimation beginnen. 

Fazit

Die Fremdkörperaspiration ist häufig! Auch unsere Zwillinge haben sich regelmäßig beim Essen verschluckt, zum Glück konnten Sie die Speisereste aber effektiv abhusten. Die Theorie zu kennen ist das eine, aber nur wer die Manöver praktisch geübt hat, wird im Ernstfall wirklich helfen können. 

Alles Liebe
Dr. med. Annalena Dehé und Dr. med. Lukas Dehé

 

Dieser Beitrag ersetzt keine ärztlichen Behandlungen, er dient lediglich der Information.

Dieser Beitrag wurde geschrieben von:
Dr. med. Annalena Dehé, Mutter und Notfallmedizinerin

Dr. med. Annalena Dehé, Mutter und Notfallmedizinerin  

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